Umweltfreundliche Reinigung und Desinfektion

Umweltfreundliche Reinigung und Desinfektion in der Lebensmittelverarbeitung

Durch die EU-Öko-Verordnung soll 2026 ein beschränkendes Verzeichnis für die Verwendung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln in der Verarbeitung und Lagerung erlassen werden. Gemeinsam mit dem FiBL entwickelte die BLQ GmbH einen Regelungsvorschlag sowie einen Leitfaden für die Praxis.

Regelung der Reinigung und Desinfektion in der Öko-Lebensmittelverarbeitung

Mit der aktuellen Bio-Basis-Verordnung (EU) 2018/848 Artikel 24 Absatz 1) g) wurde erstmalig festgelegt, dass die Zulassung auf Aufnahme von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln in den Bereichen Verarbeitung und Lagerung in ökologischen Produktionsstätten, zukünftig gesetzlich geregelt wird. Ziel ist es, den Einsatz von umweltschädlichen und humantoxischen Stoffen in der ökologischen Lebensmittelkette kontinuierlich zu minimieren. Die Umsetzung soll in Form eines beschränkenden Verzeichnisses im Jahr 2026 erfolgen. Das Verzeichnis ist dann in der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1165 im Anhang IV Teil C zu finden. Bis dahin gelten die allgemein hygienerechtlichen Bestimmungen und die Regeln der alten Bio-Basis-Verordnung (EG) 2007/834.

Das "RuDI"-Projekt

Das Forschungsinstitut biologischer Landbau (FiBL) und das Büro Lebensmittelkunde und Qualität (BLQ) GmbH haben sich im Rahmen des gemeinsamen RuDI-Verbundprojektes unter anderem mit Empfehlungen für die Ausgestaltung der rechtlichen Vorgaben für Reinigungs- und Desinfektionsmittel in der ökologischen Lebensmittelverarbeitung und Lagerung beschäftigt.

Ziel des RuDI-Projektes, war es, einen praxistauglichen Regelungsansatz für die Reinigungs- und Desinfektionsmittel im Bereich der ökologischen Lebensmittelverarbeitung und -lagerung zu entwickeln. Die Förderung dieses Projektes erfolgte durch das Bundesprogramm ökologischer Landbau (BÖL) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Projektergebnisse und Umsetzungsempfehlungen

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden aktuelle Regelungsansätze und somit auch verschiedene Kriterien für die Regulierung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln in ökologischen Verarbeitungs- und Lagereinrichtungen bewertet. Parallel wurden Anforderungen an ein Regelungssystem zu Reinigungs- und Desinfektionsmitteln aus der Praxis von lebensmittelverarbeitenden Unternehmen erhoben. Zusätzlich wurden Stoffe gemäß einer harmonisierten Einstufung nach CLP-Verordnung auf human- und ökotoxikologische Bedenklichkeit beurteilt.

Auf der Grundlage dieser Bewertungen und Erhebungen wurde ein erster Regelungsvorschlag entwickelt. Mehr als 100 Fachkundige aus der Öko-Lebensmittelverarbeitung aus sieben europäischen Ländern, testeten diesen Vorschlag auf seine Praxistauglichkeit, woraus folgende Empfehlung entstand:

AnwendungsbereichReinigungs- und Desinfektionsmittel für Oberflächen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen
Kriterium 1
"Ausgeschlossene" Stoffe (nur Stoffe mit angegebenen CAS-Nummern)
  • Alkylphenolethoxylate (APEO) (CAS: 9016-45-9*; 9036-19-5*)
  • Fluortenside (CAS: 335-67-1*;1763-23-1)
  • Bromhaltige Verbindungen (CAS: 30007-47-7)
  • Chemisch-synthetischer Chelatbildner DTPA (CAS: 67-43-6)
  • Formaldehydabspalter (CAS: 70161-44-3; 126-11-4; 5359-50-6)
  • Aromatische Kohlenwasserstoffe (CAS: 71-43-2; 108-88-3)
  • Formaldehyd (CAS: 50-00-0)
  • Benzethoniumchlorid (CAS: 121-54-0)
  • Cetylpyridiniumchlorid (CAS: 6004-24-6)
  • Diethanolamin (CAS: 111-42-2)
Kriterium 2
Ausschluss von PBT-, vPvB-Substanzen, SVHC
Produkte, die besonders besorgniserregende (SVHC), persistente, bioakkumulierbare, toxische (PBT) oder sehr persistente, sehr bioakkumulierbare Stoffe (vPvB) gemäß der REACH-Verordnung 1907/2006 enthalten, sind ausgeschlossen
Konformitätsprüfung

Die Konformitätsprüfung ist aif der Grundlage des Sicherheitsdatenblattes möglich.
Kriterium 1: Nach der Verordnung (EG) 1272/2008 müssen Stoffe oberhalb bestimmter Konzentrationsgrenzen (je nach Gefahrenklasse zwischen 0,01 und 1 Prozent) im Sicherheitsdatenblatt aufgeführt werden. Nachweis der "absoluten Abwesendheit" unterhalb der Konzentrationsgrenzen anhand des SDB nicht möglich. "Absolute Abwesendheit" technisch nicht immer möglich (zum Beispiel aufgrund von "technisch unvermeidbaren Verunreinigungen")
Kriterium 2: auf dem Sicherheitsdatenblatt des Produkts angegeben

Weiters könnte von RuD-Mittel-Herstellerinnen und Hersteller eine "Konformitätserklärung" ausgestellt werden.

 *Markierte Stoffe können in Kriterium 1 gestrichen werden sofern dieses in Kombination mit Kriterium 2 (Ausschluss von PBT, vPvB, SVHC) umgesetzt wird.

Auf der Grundlage dieser Forschungsergebnisse bewertet das Projekt-Team den Ausschluss von eindeutig identifizierbaren Stoffen und besonders besorgniserregenden Stoffen (die bereits im horizontalen Recht geregelt sind) in Form einer Negativliste, als praxistauglichste Möglichkeit zur Regulierung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln unter Berücksichtigung umwelt- und humantoxikologischer Faktoren.

Abschließend stellte das RuDi-Projekt-Team, auf Einladung der Europäischen Kommission, die Empfehlung in Brüssel vor den Delegierten des Committee of Organic Production (COP) vor.

Der Praxisleitfaden – Ein Überblick

Aufgrund der möglichen zukünftigen Änderungen entwickelte das RuDI-Projektteam, gemeinsam mit einem ausgewählten Kreis von Fachkundigen aus der Branche, einen Praxisleitfaden. Dieser dient als Ergänzung zum bisher bestehenden Leitfaden des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) für "Umweltfreundliche Reinigung und Hygiene in Lebensmittelbetrieben". Er unterstützt dabei das bestehende Reinigungs- und Desinfektionsmanagement von Verarbeitungs- und Lagerstätten umweltfreundlicher zu gestalten. Durch eine breite Auswahl an Informationen, Tools und Schulungsmaterial, deckt der Leitfaden unterschiedliche Bereiche im Unternehmen ab wie zum Beispiel das Qualitätsmanagement, den Einkauf bis hin zum Reinigungsteam. Dieser Leitfaden richtet sich allerdings nicht ausschließlich an Bio-Lebensmittelverarbeitende Unternehmen, sondern an alle, die Interesse an einer umweltfreundlicheren Reinigung und Desinfektion haben. Ein Kurzfilm verschafft einen ersten Einblick in den Leitfaden.

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Letzte Aktualisierung 11.04.2024

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